Brauchtum und Aberglaube in Saalfeld des 16. Jahrhunderts: Das Fischehängen Das Fischehängen - Teil I

Der Oktober ist gekommen. Die Bäume leuchten im prächtigen Herbstkleid, doch ihre Blätter beginnen zu fallen. Die Äste, kahl und krumm, ragen empor wie verformte Fingerknochen. Raschelnd fegt das Herbstlaub über die feuchten Steine hinweg, wirbelt wild durch die Dunkelheit der Hinterhöfe, peitscht durch verlassene Gassen und landet schließlich auf dem trostlosen Boden des Stadtfriedhofs. Die Nachtwandler und Schauergestalten warten geduldig auf die Nacht vor Allerheiligen, jene Nacht, in der die Toten auf der Suche nach den Lebenden durch die Straßen ziehen – nach denen, die im kommenden Jahr sterben sollen.


In den nahen Wäldern, unweit des Lärchenhölzchens, schmieden Hexen ihre dunklen Pläne und senden ihre Flüche tief in die stillen Schlafzimmer der Stadtbewohner.

Heute erinnern nur noch kommerzielle Halloweenveranstaltungen an die Jahre, als alte Bräuche die bösen Geister fernhalten sollten. Verkleidet in furchterregenden Kostümen zogen die Menschen damals umher, entfachten große Feuer gegen die Dämonen und legten kleine Gaben vor die Haustüren, um die Geister zu besänftigen und von Untaten abzuhalten.

Eine verschollene Niederschrift, die einst im Quellenhaus der Feengrotten aufbewahrt wurde, berichtet von einem seltsamen Brauch aus dem 16. Jahrhundert, der über einen Zeitraum von mindestens 65 Jahren gepflegt wurde. Am 15. Oktober hängten die Bewohner der Stadt Saalfeld/Saale stets eine lebende Barbe vor ihre Haustüren, die sie erst am 1. November wieder entfernten – vorausgesetzt, sie hing noch dort. Oftmals bedienten sich streunende Katzen oder hungrige Herumtreiber an den Fischhaken. Doch meist waren es die Hexen, die in der Halloween-Nacht die halbverweste Beute einsammelten, um als Dank die Familien in Frieden zu lassen.

Auch heute noch kann man an so mancher Haustür in Saalfeld einen toten Fisch hängen sehen.

Doch warum ist das so?

Ich werde es Ihnen eines Tages in einer meiner Geschichten erzählen. Doch bis dahin genießen Sie erst einmal den schönsten Monat des Jahres und halten Sie die Augen offen ...

Eine Hexe ist nie weit genug entfernt, um ihr den Rücken zuzuwenden.

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