Brauchtum und Aberglaube in Saalfeld des 16. Jahrhunderts: Das Fischehängen Das Fischehängen - Teil III

Die Tage stehen ganz im Zeichen von Eis und Schnee ...

Der Frost kratzt unermüdlich an den Fenstern. Der Wind treibt die Katzen zurück in ihre Häuser. Der Kältegeist vom Kulm lädt dazu ein, es sich auf der Couch gemütlich zu machen, Filme zu schauen und zu lesen. Doch nur wenige Menschen in Saalfeld verlieren sich in Geschichten über Froschfrauen oder Märchen, in denen Hexen Kinder im Ofen braten. Stattdessen herrscht in dieser Region der ungebrochene Glaube an den Hexenzirkel der Barbini: vertriebene Fischweiber, die in den umliegenden Wäldern ihr Unwesen treiben.

 

Vor einigen Wochen erhielt ich einen Brief von einer älteren Dame, die mich um ein Gespräch bat. Sie wollte mir eine Geschichte erzählen.

Als ich ihr Haus erreichte, hingen zwei stark verweste Fische direkt neben der Klingel. »Mein Mann hat den Fisch in der Saale selbst geangelt. Mein Hans macht das jedes Jahr«, erzählte Rosi, während wir im Wohnzimmer saßen und Pfefferminztee tranken. »Das machen wir schon so lange ich denken kann.«

Neugierig fragte ich Rosi, warum sie diesem alten Brauch so gewissenhaft nachging.

Sie antwortete: »Meine Mutter wäre in ihrer Kindheit beinahe von einer Barbenhexe entführt worden. Damals lebte sie mit ihren Eltern direkt an der Saale. Eine Katze schnappte sich Ende Oktober die Barbe vom Strick, was die erzürnte Hexe zur Halloween-Nacht bewog, durch die Wohnung zu ziehen und sämtliche Fenster einzuschlagen. Als die Alte sich dem Kinderzimmer näherte, sprang der Vater aus seinem Schlafzimmer und schlug das Fischweib mit einem Stuhlbein in die Flucht …«

Rosi erzählte mir noch von vielen weiteren Begegnungen, doch diese Geschichten könnten ein ganzes Buch voller Geheimnisse füllen. Daher möchte ich all jenen Saalfeldern und Besuchern der Feengrottenstadt Rosis kostbaren Rat für die diesjährige Spukzeit mit auf den Weg geben:

»Vom 15. Oktober bis zum 1. November hängt einen Fisch an eure Haustür. Wenn ihr das tut, spuckt beim Anbinden über eure Schulter und schabt mit dem Schuh den Dreck nach hinten. So wissen alle Kobolde und Gnome, dass ihr den Fischweibern ein Opfer bringt, und sie lassen den Fisch für euch hängen.«

Vielleicht werden Sie in Zukunft häufiger von solchen Geschichten hören – erzählt von alteingesessenen Saalfeldern. Mir scheint, dass der Hexenzirkel wieder vermehrt in der Gegend umherstreift. In diesem Jahr habe ich allein mindestens 16 Fische an verschiedenen Häusern entdeckt, und mehr als die Hälfte der Menschen wollte mir keine Auskunft über das Fischehängen geben ...

Flinke Zungen könnten möglicherweise eine Antwort darauf kennen, doch möchte ich sie nicht weiter in Angst versetzen. Schließlich sind Hexen doch nichts weiter als schaurige Märchenfiguren ... Oder?

 

Zurück