Der Äschengnom

Diese Saalfelder Gnome, nicht größer als drei Fuß, waren bekannt für ihre langen, spitzen Kinne, schiefen Zähne und die von grässlichen Falten übersäte Haut. Aus ihren Häuptern spross leuchtendes Haar, und sie waren stets bereit, in Zornesausbrüche zu verfallen.
Carl Tröger kannte die Geschichten um diese Gnome nur zu gut, vor allem ihre bedrohliche Fähigkeit, im Ärger das Wasser der Flüsse mit ihrem Speichel zu vergiften. Um des Gnoms Gunst zu erlangen, versprach Tröger ihm ein eigenes Gemach tief unter dem Verlies, wo er ungestört wohnen konnte, sowie jeden Monat eine frisch gefangene Äsche – sollte das Männlein nur bereit sein, seine Behausung aufzugeben. Der Gnom willigte ein, und so wurde am 25. November 1859 das prächtige, 14.500 Gulden teure Gefängnis feierlich dem Herzogtum Sachsen-Meiningen übergeben.
Doch Carl Tröger hielt nicht lange an seinem Versprechen fest und vergaß bald, dem Gnom den versprochenen Fisch zu bringen. Voller Zorn befreite der Gnom daraufhin dreizehn Gefangene, stachelte sie gegen ihre Wächter auf und störte bis ins Jahr 1870 viele Exekutionen, indem er säuerlichen Speichel spuckte und Unwissende beißend attackierte, die dann erblindeten. Schließlich drohte der zornige Gnom, das klare Wasser der Saale zu vergiften und alle Fische zu vernichten. In ihrer Angst erkannte die Stadt ihre Schuld und handelte.
Man bot ihm Zander, Barben und Aale an, doch der Gnom, stolz und unverrückbar, verlangte eine frische Äsche. So wurde ihm am nächsten Tag der schuppige Fisch in einer Weidenschale dargeboten. Und jedes Mal, wenn sein Hunger wuchs, hängte der Gnom die restlichen Gräten neben seine Tür, um neuen Fisch einzufordern.
Die Legende erzählt, dass die Angestellten der Stadt Saalfelds bis heute in aller Heimlichkeit einmal im Monat eine Äsche zur Hutschachtel bringen. Damit wollen sie die Gunst des geheimnisvollen Äschengnoms bewahren und die reinlichen Gewässer ihrer Heimat beschützen.